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Alpiner Wintertourismus in Zeiten von Corona – wie sich Destinationen jetzt aufstellen müssen.

Stellen wir uns doch mal kurz folgendes Szenario vor: die Ereignisse des 13. März 2020 werden um gute neun Monate, auf den 19. Dezember 2020 verlegt, den Samstag vor der Weihnachtswoche. Lock-Down der gesamten Destination aufgrund eines lokalen Covid-19 Clusters. Der Alptraum für jeden Tourismus-Verantwortlichen und jeden Betrieb in der Region.

Im Hinblick auf die kommende Wintersaison müssen alpine ­Destinationen alles daransetzen, einen Corona-Ausbruch und eine Corona-Panik zu verhindern. Gesundheitsschutz, Hygiene und Sicherheit haben nun oberste Priorität. Von den Behörden vorgegebene Mindeststandards einzuhalten und im Durchschnitt aller Regionen mit zu schwimmen wird nicht ausreichen, um für potenzielle Gäste buchungsrelevant zu sein. Wie eine kürzlich erschienene Studie des INSTITUTE OF BRAND LOGIC zeigt, wird ein überzeugendes destinationsspezifisches Gesundheitsschutz- und Hygiene-Konzept für Gäste – zumindest kurzfristig – buchungsentscheidend. Daher gilt es, die Themen Gesundheitsschutz, Hygiene und Sicherheit durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen zu besetzen. Nur so kann es Destinationen gelingen, sich für kommenden Winter entsprechend am Markt zu profilieren und sich im Kopf des Gastes in Pole-Position zu bringen. Dazu gibt es keine Alternative.

Der Schlüssel: ein gemeinsames, abgestimmtes und damit für alle Beteiligten verständliches Vorgehen. So sorgt man für ­Klarheit. Sowohl in der Destination als auch nach außen gegenüber dem Gast. Isolierte Einzellösungen auf Betriebsebene ­produzieren letztlich nichts als Verwirrung und Unsicherheit. Ziel müssen jedoch größtmögliche Sicherheits- und ­Hygienestandards sein – und das bei gleichzeitig möglichst geringer Einschränkung des Urlaubserlebnisses. Jede Destination braucht einen klaren und maßgeschneiderten Plan, um größtmögliche Sicherheit für Gäste, Mitarbeiter, Einheimische und Unternehmer zu gewährleisten. Am Ende muss eine erfolgreiche Wintersaison sichergestellt werden und eben nicht eingangs geschildertes Worst-Case-Szenario.

Das INSTITUTE OF BRAND LOGIC hat eine Covid-19 Roadmap für Destinationen erarbeitet, die als Grundlage für die Entwicklung destinationsspezifischer Konzepte dient. Ziel ist es, eine Vielzahl von Handlungsfeldern sowohl auf Destinations- als auch auf  ­Betriebsebene gesamthaft, strukturiert und systematisch zu ­managen. Die Covid-19 Roadmap ordnet die unterschiedlichen Maßnahmenpakete den Phasen des Gästeerlebnisses – vor, ­während und nach dem Aufenthalt – zu.

#1 PRÄVENTION.

Prävention beginnt schon weit vor der Anreise des Gastes. Der Gast muss und will auf einen sicheren Urlaub vorbereitet werden. Angefangen bei einer Hygiene-Packliste und einer Information zu den Maßnahmen bzw. zum richtigen Verhalten in der Destination bis hin zur Download-Empfehlung der nationalen Corona-Tracing-App. Entscheidend sind im Bereich der Prävention sicherlich ­Testungen. Muss der Gast künftig schon bei Anreise einen negativen Corona-Test vorweisen? Oder wird vor Ort jedem Gast ein PCR-Schnelltest angeboten? Sollen Gäste auch vor der Abreise nochmals getestet werden, um im Worst-Case international nicht als Super-Spreader-Ort bekannt zu werden? Wie regelmäßig­ ­werden Mitarbeiter getestet? Sollen darüber hinaus während des Aufenthalts Temperaturmessungen, stichprobenartige Tests oder gar Abwasser-Analysen als Frühwarnsystem durchgeführt ­werden? Sind die dafür notwendigen Laborkapazitäten vorhanden? Welche Regelungen gelten im öffentlichen Raum? Welche in den Leitbetrieben wie den Bergbahnen? Welche in den unterschiedlichen Angebotsgruppen, v.a. in der Hotellerie und Gastronomie? Dies sind nur einige wenige der zentralen Fragestellungen im Bereich der Prävention, die eine massive Komplexität mit sich bringen, aber gelöst werden müssen.

Darauf gilt es schlüssige Antworten zu finden, die Einfachheit und Verständlichkeit sowohl für die Betriebe als auch für Gäste sicherzustellen und die Maßnahmen entschlossen umzusetzen. Zudem wird insb. im Winter der Entzerrung von Gästeströmen im Ort wie im Skigebiet eine entscheidende Rolle zukommen. Dabei gibt es eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen, welche zwingend ineinandergreifen müssen. An Kassen und Liften wird es eine ­Anstell-Etikette brauchen. Tickets sollten online buchbar sein. Ggf. muss auch über Time-Slots für die erste Bergfahrt nachgedacht werden. In diesem Zusammenhang muss auch ein Konzept für die Berggastronomie, insb. Selbstbedienungsrestaurants, ­erarbeitet werden.

#2 COVID-19 VERDACHTSFALL.

Tritt ein Covid-19 Verdachtsfall auf – und das wird im Winter 2020/21 früher oder später wohl in jeder Destination der Fall sein – braucht es einen klaren Plan, ein einheitliches Vorgehen. Wie gestalten sich Isolation, z.B. in zentralen Isolationszentren, sog. Safe-Houses, Testungen, z.B. durch mobile Test-Teams, die zum Gast in die Unterkunft kommen, und Contact-Tracing? Idealer­weise verfügt die Destination über eine digitale Plattform (jetzt zeigt sich, wer seine digitalen Hausaufgaben erledigt hat), um ­Bewegungsprofile auszuwerten und im Bedarfsfall den Gesundheitsbehörden zur Verfügung stellen zu können. Zudem braucht es nun ein tragfähiges Krisenkommunikationskonzept. Professionelle, proaktive Krisenkommunikation unterbindet Spekulationen und strahlt Sicherheit und Kompetenz im Umgang mit Corona aus.

#3 BESTÄTIGTER COVID-19 FALL.

Ebenso wie ein Verdachtsfall kann auch ein positiver Covid-19 Fall trotz aller Präventionsmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden. Falls es dazu kommt, muss es neben einem Konzept und einem standardisierten Vorgehen für Isolation und Contact Tracing auch ein klar definiertes Vorgehen für einen eventuellen Rücktransport der betroffenen Person geben. Je schneller eine Destination ­reagiert, desto besser wird es gelingen, Schaden von der Destination abzuwenden. Eine detaillierte Vorbereitung, ein entsprechend professioneller Umgang und eine funktionierende Zusammenarbeit mit den Behörden werden entscheidend sein, um einen regionalen Lockdown und damit einen massiven wirtschaftlichen ­Schaden von der Region abzuwenden.

Auch nach Abreise muss ein lückenloses Contact-Tracing aller Gäste sichergestellt sein. Jeder Gast muss quasi auf Knopfdruck verständigt und über notwendige Maßnahmen informiert werden können. Darüber hinaus bedarf es bei erhöhtem Infektionsaufkommen Nachjustierungen bzw. verschärfter Maßnahmen vor Ort.

Weitere zwei Schienen der Covid-19 Roadmap des INSTITUTE OF BRAND LOGIC gehen auf die ­Notwendigkeit der Kommunikation und auf eine funktionierende Organisationsstruktur, welche beide im Verantwortungsbereich der DMO liegen, ein.

#4 ORGANISATION.

Ohne schlagkräftige Organisationsstruktur wird eine erfolgreiche Umsetzung eines Covid-19 Konzepts nicht gelingen. In Anlehnung an die seit Jahrzehnten etablierten Lawinenkommissionen braucht es in der Destination eine Art „Corona-Kommission“, ­bestehend aus verantwortlichen Vertretern von Gemeinde, DMO und Leitbetrieben. Zentrale Verantwortlichkeiten, eine starke Führung sowie die Koordination und Abstimmung aller Maßnahmen in der Destination bilden die Grundlage für ein abgestimmtes Vorgehen. Aufgabe der DMO ist es, die Maßnahmen mit den verschiedenen Angebotsgruppen abzustimmen, bei den Betrieben zu verankern und sie bei einer geordneten und konsequenten Umsetzung zu unterstützen. Dies kann beispielsweise durch die zentrale Beschaffung von Hygieneartikeln passieren. Um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren, bedarf es einer laufenden Kontrolle und ggf. Anpassung der gesetzten Maßnahmen – sowohl im Sinne von Lockerungen als auch im Sinne von Verschärfungen. Der DMO kommt bei der strategischen Planung wie auch operativen Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen – präventiv und im Krisenfall – die entscheidende Rolle und Hauptverantwortung zu.

#5 KOMMUNIKATION.

„Agieren statt reagieren“ lautet das Motto, wenn es um Kommunikation geht. Kommunikation nach innen, um die Maßnahmen in der Region und bei den Betrieben zu verankern und um Transparenz zu schaffen. Kommunikation nach außen, um relevante Zielgruppen und die Öffentlichkeit über die Bemühungen und Maßnahmen proaktiv zu informieren. Insbesondere in der Image- und Vertriebskommunikation werden die Themen Gesundheitsschutz, Hygiene und Sicherheit eine erfolgskritische Rolle einnehmen. Dafür braucht es die passenden Botschaften und Leistungsbeweise. Und sollte der Krisenfall trotz aller Maßnahmen doch eintreten, bedarf es besser schon heute als morgen eines detailliert vor­bereiteten Kommunikationskonzepts mit klar definierten ­Rollen und Aufgaben.

Wer die zugegebenermaßen komplexen und herausfordernden Hausaufgaben schnell und gut erledigt, kann sein Krisenkommunikationskonzept nächsten Winter hoffentlich in der Schublade lassen.

Über das INSTITUTE OF BRAND LOGIC
Das Institute of Brand Logic ist eine internatio­nal ­tätige ­Strategieberatung mit Niederlassungen in ­Innsbruck, ­München, Bozen und Wien, die Unternehmen und ­Destinationen seit über 20 Jahren am Weg zu führenden ­Marken ­begleitet. Das Ziel ist dabei stets die Steigerung von Marken­attraktivität und Markterfolg mithilfe einer differenzierenden und einzigartigen Positionierung. Im Tourismus begleitet das Institute of Brand Logic führende alpine Destinationen ­sowie Hotelgruppen auf ihrem Weg zu führenden, international erfolgreichen Tourismusmarken. 

Zu den Autoren
Markus Webhofer ist Gründer und Managing Partner des Institute of Brand Logic. Im Tourismus ist er federführend bei der Entwicklung erfolgreicher ­Destinationen wie Ischgl, Serfaus-Fiss-Ladis oder Lech-Zürs.

Philipp Kazianka ist Senior Consultant am Institute of Brand Logic und maßgeblich mitverantwortlich für die strategische Positionierung und deren Umsetzung von Destinationen wie Arosa-Lenzerheide,
St. Anton am Arlberg sowie der Marke Tirol.

Cristina Ostler ist Consultant am Institute of Brand Logic und verfügt über mehrjährige Erfahrung in der Luxus­hotellerie sowie im Hospitality Management. Aktuell begleitet sie die Marke Innsbruck bei der strategischen Neuausrichtung.

Michael Edmaier ist Senior Consultant am ­Institute of Brand Logic. Er begleitet Unterneh­men verschiedener Branchen ­sowie touristische ­Destinationen bei der Entwicklung ­zukunftsfester Markenprofile und deren Realisierung, u.a. St. Anton am Arlberg, Ischgl und Innsbruck.

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